Uhu-Familie in Not!

Uhu-Männchen verirrt sich in einer Werkhalle


Uhu verirrt Werkhalle Brut Nest Aufzucht Vogeljunge Greifvogelauffangstation NABU Düren
Das Uhu-Männchen (Foto: Ulli Bergrath)

Gerade vor Kurzem konnten wir berichten, dass sich der Uhu mithilfe eines Auswilderungsprogramms der EGE (Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen)  im Kreis Düren wieder gut etablieren konnte. 

Kurz nach dieser Berichterstattung bekam der NABU Düren Mitte Juni 2023 vom Medical Service NRW e.V. die Information, dass sich ein Uhu-Männchen in die Werkhalle einer in Düren ansässigen Firma verirrt hat und den Weg ins Freie nicht mehr fand. Über eine Woche lang ist alles mögliche probiert worden um den verängstigten Vogel aus seiner fatalen Lage zu befreien; leider ohne Erfolg.

Uhu verirrt Werkhalle Brut Nest Aufzucht Vogeljunge Greifvogelauffangstation NABU Düren
Uhu (Zeichnung: Gabriele Einstein)

Das Weibchen saß derweil auf dem Firmengelände in einer Höhe von ca. 14 Metern im Nest bei den Jungen. Eine lebensbedrohliche Situation für die Uhu-Familie! In der Brutbiologie des Uhus spielt das Männchen zwar nur eine Nebenrolle, allerdings eine wichtige Nebenrolle. Es ist vom Legebeginn bis zum Abwandern der Jungvögel aus der Brutnische dafür zuständig, genügend Beute für das Weibchen und den Nachwuchs herbeizuschaffen. Das Brutgeschäft obliegt allein dem Weibchen. Diese Aufgabenteilung setzt bereits einige Wochen vor Brutbeginn ein, wenn sich das Weibchen bevorzugt nahe der künftigen Brutnische aufhält und vom Männchen versorgen lässt.

Uhu verirrt Werkhalle Brut Nest Aufzucht Vogeljunge Greifvogelauffangstation NABU Düren
eingefangen! (Foto: Ulli Bergrath)

Ein Mitarbeiter der Firma, der sehr am Wohlergehen des Vogels interessiert war, hatte sich bereit erklärt, über das Wochenende regelmäßig nachzuschauen, ob der Uhu evtl. zu Boden kommt, weil er durch fehlende Nahrung schwächer wird. Und tatsächlich gelang es ihm schließlich, das angeschlagene, auf dem Boden sitzende Tier mit einem Kescher, den der Medical Service NRW e.V. zur Verfügung gestellt hatte, zu fangen und in eine große Kiste zu setzen.

Uhu verirrt Werkhalle Brut Nest Aufzucht Vogeljunge Greifvogelauffangstation NABU Düren
Foto: Ulli Bergrath

Verschiedene Vogelschützer, u.a. Achim Schumacher vom NABU Düren haben dann dafür gesorgt, dass der Vogel zu einer Greifvogelauffangstation gebracht wurde. Der Uhu wurde in einer Kiste dorthin transportiert und bekam zuerst Flüssigkeit ins Brustgewebe gespritzt und anschließend eine Maus in den Schnabel gesteckt, welche er auch schluckte.

Auch wenn das Foto womöglich etwas befremdlich wirkt, ist der Uhu in der Auffangstation in allerbesten Händen.

Ulli Bergrath vom NABU Düren hat unterdessen eine Packung tiefgefrorene Mäuse gekauft und gemeinsam mit dem Retter des Uhu-Männchens auf dem Boden unterhalb des Nestes ausgelegt. Damit soll dem Weibchen die alleinige Aufzucht ihrer Jungen erleichtert werden. Der "Ersatzpapa" Ulli hofft sehr, dass die Mahlzeit angenommen wird und steht in den Startlöchern, um weitere Nahrung heranzuschaffen. Denn je nach dem, wieviele Jungvögel im Nest sitzen, hat die Mutter keine Zeit, um selbst auf die Jagd zu gehen.

 

Nun drücken alle die Daumen, dass der geschwächte Uhu bald wieder wohlauf ist und zu seiner Familie zurückkehren kann.


Einige Tage nach der Rettungsaktion war Ulli Bergrath in der Nacht bei der Werkhalle, um zu "verhören", also zu prüfen, ob Geräusche vom Uhu-Weibchen und seinen Jungen wahrnehmbar sind. Das Ergebnis war positiv! Ein junger Uhu "turnte" auf dem Dach der Halle herum. Ulli ist beruhigt: "Nun mache ich mir keine Sorgen mehr, dass das Uhu-Weibchen den Jungvogel alleine versorgt bekommt. Er ist flügge, fliegt auf dem Hallendach umher und bettelt, um Futter von seiner Mutter zu bekommen, so wie es sein soll."

Ob der kleine Uhu alleine war oder noch weitere Jungvögel vorhanden sind, ist noch unklar. Es ist allerdings keine Seltenheit, dass eine Brut aus lediglich einem Jungvogel besteht.


Der Uhu-Vater wird zurück zu seiner Familie gebracht (Fotos: Ulli Bergrath)

Wiederum wenige Tage später bekam Ulli Bergrath die erfreuliche Nachricht, dass er den Uhu wieder aus der Greifvogelstation abholen und zurück zu seiner Familie bringen kann. Was für ein gutes Ende einer aufregenden Woche!

Und hier noch ein kleines Video zur Entlassung des geheilten Patienten            in die Freiheit ---------------------------------->

Ute Bergrath hat das Ereignis festgehalten. Zu sehen sind neben dem Uhu Ulli Bergrath (im dunklen T-Shirt) und Günter Schneider (im gestreiften T-Shirt).

Download
Entlassung des Uhus in die Freiheit.mp4
MP3 Audio Datei 17.4 MB


Reine Frauensache - Brut und Jungenaufzucht beim Uhu

Nähere Infos zum Brutgeschäft des Uhus finden Sie auf der Webseite des NABU-Bundesverbandes unter

Der Uhu: Brut- und Jungenaufzucht - NABU


Steckbrief Uhu

Größe 70 cm

Flügelspannweite bis 1,88 m

Gewicht bis 4 kg, Weibchen schwerer als Männchen

in Deutschland inzwischen wieder mehr als 2000 Brutpaare

Alter in Freiheit bis 27 Jahre, in Gefangenschaft auch doppelt so alt

Kopfdrehung wie alle Eulen: 270°

Nahrung: Mäuse, Ratten, Vögel, Igel, Schnecken, Regenwürmer, Marder, Fuchs, Fasan, Hasen

Nahrungsmenge: Wenn der erwachsene Uhu sich nur von Mäusen ernährt, braucht er 10 – 15 Mäuse/Tag, ein Jungvogel, der im Wachstum ist, braucht fast doppelt so viele Mäuse. Also die perfekten fliegenden Mausefallen, wie alle Eulen.

Eiablage: Februar/März 2-4 Eier

Brutdauer: 31 -36 Tage

Nestlingszeit: 4 – 5 Wochen

Überlebenschance der Jungen: 30 %

Vogel des Jahres 2005