Der Heidefelder Hof in Oberbolheim

Wie Landwirtschaft Artenvielfalt und Biodiversität unterstützt


Heidefelder Hof konventionelle Landwirschaft Biolandbau Ökolandbau Demeter Bechsteinfledermaus Christian Ohrem NABU Düren
Artenreiche Wiese mit Heckenstrukturen und Baumpflanzungen beim Heidefelder Hof (Foto: Tanja Malchow)

Am 16. August 2024 haben Aktive des NABU Kreisverband Düren e.V. und der BUND Kreisgruppe Düren den Heidefelder Hof in Nörvenich-Oberbolheim im Kreis Düren besucht. Der Hof wird von Christian Ohrem und seiner Familie nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet. Das war nicht immer so.

Gegründet hat Christian Ohrem den Heidefelder Hof im Jahr 1991, als er aufgrund der Planungen für ein Gewerbegebiet aus Nörvenich aussiedeln musste. An dem neuen Standort bei Oberbolheim hat die Familie Ohrem den Hof dann zunächst konventionell betrieben.

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Leitstrukturen für die umzusiedelnden Fledermäuse (Foto: Tanja Malchow)

Dass der Heidefelder Hof nun zu einem Ort für nachhaltige Landwirtschaft geworden ist, hängt mit einem kleinen Säugetier zusammen: der Bechsteinfledermaus. Der Hof der Familie Ohrem spielt seit 2011 eine besondere Rolle im Zusammenhang mit den Ausgleichsflächen für den Hambacher Wald. Die Flächen des Heidefelder Hofs liegen am Nörvenicher Wald, wo schon Bechsteinfledermäuse leben und sie sind Teil eines ökologischen Ausgleichsprojekts, das aufgrund der Rodungen im Hambacher Wald notwendig wurde. Der Heidefelder Hof wurde als geeignetes Gebiet ausgewählt, um der im Hambacher Wald lebenden Population der streng geschützten Bechsteinfledermaus einen neuen Lebensraum zu bieten, wenn deren ursprüngliches Territorium durch den Braunkohletagebau verloren geht. Damit die Fledermäuse in der ziemlich ausgeräumten Agrarlandschaft ihren Weg in ihr neues Revier finden, brauchen Sie Strukturen. Zu diesem Zweck wurden Leitstrukturen aus Baumreihen angelegt.

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Färse im Heidefeld (Foto: Tanja Malchow)

Dass auf dem Heidefelder Hof seit 2011 nicht nur im Ökolandbau, sondern nach den besonders strengen Demeter-Richtlinien gewirtschaftet wird, hängt  auch damit zusammen, dass die Familie Ohrem sich entschieden hat, eine Kooperation mit dem Demeter-Hof der Familie Bochröder in Düren einzugehen. Beide Betriebe verfolgen die Prinzipien der biodynamischen Landwirtschaft nach Demeter und arbeiten zusammen, um ihre nachhaltigen Landwirtschaftspraktiken weiterzuentwickeln und ihre Produkte erfolgreich auf den Markt zu bringen. Zum Beispiel stellt der Heidefelder Hof seine Weideflächen auch den Rindern des Neuen Hofs der Familie Bochröder zur Verfügung. Dies ermöglicht eine flexible Nutzung der Weideflächen und unterstützt beide Höfe bei der optimalen Bewirtschaftung ihrer Ressourcen. Das funktioniert so, dass Familie Ohrem dem Biohof Bochröder die Rinder im Alter von sechs bis sieben Monaten nach dem Absetzen der Milch abkauft und dieselben Tiere später als tragende Färsen wieder an Bio Bochröder verkauft.

Weitere Kooperationspartner des Heidefelder Hofes sind Haus Bollheim und Bürger Machen Landwirtschaft, beide ebenfalls Demeter Betriebe. Mit Haus Bollheim und Bürger machen Landwirtschaft hat der Heidefelder Hof ein Pensionstier-Verhältnis. Das bedeutet, dass die Rinder in Besitz der beiden Kooperationspartner bleiben und bei Familie Ohrem in Pflege sind. 

 

Von allen drei Kooperationsbetrieben kauft Familie Ohrem männliche Tiere dazu, die kastriert und als Ochsen aufgezogen werden. Das Fleisch wird dann direkt an den Endkunden vermarktet. 

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Fledermäuse brauchen Strukturen (Foto: NABU/Dietmar Nill)

Den Heidefelder Hof zeichnet besonders aus, dass dem Verlust von Strukturelementen entgegengewirkt wird. Fledermäuse brauchen - wie oben schon erklärt - Strukturen. Um sich auch in tiefer Dunkelheit orientieren zu können, haben die Fledermäuse ein perfektes Ultraschall-Echo-Ortungssystem entwickelt. Dieses dient aber nicht nur der Orientierung, die Tiere erfassen damit auch ihre Beute. Durch Mund oder Nase werden Ultraschallaute ausgestoßen und anhand der Echos Distanz, Richtung, Größe, Form und Struktur des Beuteinsekts analysiert.

Damit das Orientierungssystem der Fledermäuse funktioniert, wurden auf den Grünlandflächen des Heidefelder Hofs viele Einzelbäume und Baumgruppen gepflanzt. Um die auf Insekten basierende Ernährung der Fledermäuse zu sichern, wurde zudem eine Saatgutmischung ausgebracht, die viele blühende Pflanzen beinhaltet. Der Verzicht auf chemisch-synthetische Düngemitteln und Pestizide und eine maßvolle, flächenangepasste Beweidung und Mahd der Flächen unterstützen den Artenreichtum auf den extensiv bewirtschafteten Grünlandflächen. 

Interessant war für die Aktiven der Naturschutzverbände auch, zu hören, dass es Herrn Ohrem gelingt, den extensiv und ökologisch geführten Hof wirtschaftlich zu führen. Anteil daran haben, wie er erklärte, auch Maßnahmen zur Agrarförderung - z.B. aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) -, was nicht immer befriedigend sei, weil Landwirt:innen es bevorzugen, ihre Erträge aus den eigenen Produkten zu erwirtschaften. 

Heidefelder Hof konventionelle Landwirschaft Biolandbau Ökolandbau Demeter Bechsteinfledermaus Christian Ohrem NABU Düren
Blühstreifen in der Agrarlandschaft (Foto: Josephine Kulow)

Umweltleistungen von Landwirtinnen und Landwirten werden vor Allem durch die  Öko-Regelungen in der 1. Säule der GAP honoriert. Zu den Öko-Regelungen zählen beispielsweise Blühstreifen auf Ackerland oder in Dauerkulturen, die Extensivierung von Dauergrünland, der Anbau vielfältiger Kulturen, Agroforst oder die Bewirtschaftung ohne Pflanzenschutzmittel.

All diese Maßnahmen dienen dem Erhalt der biologischen Vielfalt. Diese erbringt zahlreiche Leistungen, ohne die wir Menschen nicht überleben könnten. Die Natur liefert uns Nahrung, sorgt für fruchtbare Böden, auf denen Nutzpflanzen gut wachsen. Für deren Bestäubung sind größtenteils Insekten zuständig. Diese Leistungen sind wertvoll und wir sollten in unserem eigenen Interesse egoistisch sein und alles tun, sie zu erhalten. Es ist in unser aller Interesse, wenn Bäuerinnen und Bauern verantwortungsvoll mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen. Letztlich stellen auch die von Landwirt:innen erbrachten Umweltleistungen ein Produkt dar, das uns etwas wert sein sollte.

Wir danken Herrn Ohrem ganz herzlich - nicht nur für die fachkundige und sehr informative Führung über seine Flächen, sondern auch für das große Engagement seiner Familie, durch das der Heidefelder Hof ein Ort für nachhaltige Landwirtschaft und ein bedeutender Standort für Naturschutzprojekte geworden ist.


Profitiert nur die Fledermaus oder gibt´s auch was für mich?

Natürlich lohnt ein Besuch des Heidefelder Hofs auch für uns Menschen! Der Hof ist besonders bekannt für seinen Selbstbedienungsladen, der rund um die Uhr geöffnet ist und eine Vielzahl von saisonalen Produkten wie Obst, Gemüse, Eier, Fleisch und Wurst aus eigener Produktion anbietet. Diese Produkte sind Demeter-zertifiziert; die Fleischprodukte stammen aus nachhaltiger und artgerechter Tierhaltung.

Für die Fleisch- und Wurstproduktion kommt ein mobiler Metzger zum Heidefelder Hof. Schlachtung, Zerlegung und wursten findet alles vor Ort statt, es gibt keinen Transport, bei dem die Tiere unnötigem Stress ausgesetzt sind.

Neben den hofeigenen Erzeugnissen gibt es auch zugekaufte Produkte wie Honig und Milchprodukte. Bei den Milchprodukten handelt es sich um Bioware. Die fleißigen Honigbienen stehen direkt gegenüber vom Hofladen an der Wiese, allerdings ist der Imker nicht Bio zertifiziert. Deshalb wird der Honig als konventionelles Produkt angeboten.

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Für Interessierte hier einige Links zur GAP und den Ökoregelungen:


Konventioneller Anbau, Ökolandbau, Demeter? Welche Bewirtschaftungsform leistet was für Natur- und Umweltschutz?

In der Landwirtschaft wird heute häufig zwischen konventionellem Anbau und Ökolandbau unterschieden. Dabei unterscheiden sich die beiden Anbaumethoden vor allem beim Einsatz von Pestiziden und Mineraldünger.

In der konventionellen Landwirtschaft werden aufgrund wirtschaftlicher Zwänge zur Ertragssteigerung eine Vielzahl von Düngern und Pflanzenschutzmitteln eingesetzt, die zu einem Verlust der Artenvielfalt führen. Viele Pflanzenschutzmittel töten Tiere und Pflanzen direkt oder vernichten die Nahrungsgrundlage von Insekten und in der Folge auch aller insektenfressenden Tiere. Eine übermäßige Nährstoffzufuhr führt dazu, dass sich vor allem nährstoffliebende Pflanzen wie Gräser oder Brennnesseln durchsetzen und andere Pflanzen verdrängen. Im Ökolandbau wird in einem möglichst geschlossenen System gearbeitet, chemisch-synthetische Pestizide sind nicht erlaubt und es wird meist deutlich weniger Dünger eingesetzt. Dies wirkt sich positiv auf das Bodenleben und die Gewässerqualität aus. Der Verlust von Strukturelementen, also zum Beispiel Hecken, Brachen, Ackerrainen oder Kleingewässern, und damit dem Verlust von Lebensräumen für viele Arten, kann jedoch sowohl bei der konventionellen als auch bei der ökologischen Bewirtschaftung zu Problemen führen. Gleiches gilt für die Entstehung immer größerer einheitlicher Schläge.

Um die Artenvielfalt in der Landwirtschaft zu erhalten, ist die Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung ein möglicher Schritt, reicht aber in vielen Fällen nicht aus. Die Anlagen von Strukturelementen, eine ausgewogenen Düngung ohne Nährstoffüberschüsse, der nur geringfügige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln - sowohl chemisch-synthetische, als auch biologische - sind notwendige Elemente in beiden Bewirtschaftungsformen zum Erhalt der Biodiversität.

Demeter ist ein Label für biologische Landwirtschaft, das besonders strenge Richtlinien und Standards für den ökologischen Landbau verfolgt. Es bezieht sich auf eine spezielle Form der biologisch-dynamischen Landwirtschaft, die auf den Prinzipien von Rudolf Steiner basiert. Hier sind die wichtigsten Aspekte des Demeter-Standards:

  1. Biologisch-Dynamische Landwirtschaft
    Grundlagen: Demeter basiert auf der biologisch-dynamischen Landwirtschaft, die von Rudolf Steiner in den 1920er Jahren entwickelt wurde. Diese Methode sieht die Landwirtschaft als ein lebendiges, dynamisches System, das im Einklang mit der Natur arbeiten soll.
    Biodynamische Präparate: Die Verwendung von speziellen biodynamischen Präparaten ist ein wesentlicher Bestandteil. Diese Präparate werden aus natürlichen Materialien hergestellt und sollen die Bodenfruchtbarkeit und die Gesundheit der Pflanzen fördern.
  2. Ganzheitliche Landwirtschaft
    Bodenpflege: Im Demeter-Anbau wird großer Wert auf die Erhaltung und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit gelegt. Der Boden wird als lebendes System betrachtet, das durch Kompostierung, Gründüngung und andere Maßnahmen gepflegt wird.
    Tierhaltung: Demeter legt hohe Standards für die Tierhaltung fest. Die Tiere sollen artgerecht gehalten werden, Zugang zu Freiflächen haben und mit biologisch-dynamischem Futter versorgt werden.
  3. Verzicht auf Chemikalien
    Keine synthetischen Pestizide und Düngemittel: Im Demeter-Anbau sind der Einsatz von synthetischen Pestiziden und Düngemitteln verboten. Stattdessen werden natürliche Methoden zur Schädlingsbekämpfung und Düngung verwende
    Gentechnik: Die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen (GVOs) ist ausgeschlossen.
  4. Kreiswirtschaft
    Selbstversorgung: Die Demeter-Prinzipien beinhalten eine Kreiswirtschaft, bei der die Betriebe weitgehend selbstversorgend sind. Das bedeutet, dass möglichst viele Ressourcen innerhalb des Hofs produziert und verarbeitet werden.
    Regionalität: Demeter-Produkte sollen möglichst aus der Region kommen und kurze Transportwege haben, um die Umweltbelastung zu minimieren.
  5. Zertifizierung
    Strenge Richtlinien: Betriebe, die Demeter-Produkte anbieten möchten, müssen sich einem Zertifizierungsprozess unterziehen und strenge Richtlinien einhalten. Diese Richtlinien umfassen sowohl die Landwirtschaft als auch die Verarbeitung und Vermarktung von Produkten.
    Transparenz: Demeter-Betriebe sind verpflichtet, Transparenz über ihre Anbaumethoden und Produktionsprozesse zu bieten.
  6. Nachhaltigkeit
    Umweltschutz: Die Demeter-Praktiken sind darauf ausgelegt, die Umwelt zu schonen und nachhaltige Landwirtschaft zu fördern. Dazu gehören Maßnahmen zum Schutz der Bodenfruchtbarkeit, des Wasserhaushalts und der Biodiversität.
    Ganzheitlicher Ansatz: Der ganzheitliche Ansatz umfasst nicht nur die Umweltaspekte, sondern auch soziale und wirtschaftliche Faktoren, um eine nachhaltige und gerechte Landwirtschaft zu gewährleisten.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Demeter für eine besonders anspruchsvolle Form der biologischen Landwirtschaft steht, die auf den Prinzipien der biologisch-dynamischen Methode basiert. Es zeichnet sich durch eine umfassende Betrachtung der Natur, nachhaltige Praktiken und hohe Standards für Tierhaltung und Bodenpflege aus.