Die Feldlerche - Vogel des Jahres 2019

Vogel der Agrarlandschaft

von NABU NRW und Maria Esser



Den Vogelnamen „Feldlerche“ kennen heute die meisten Menschen in Deutschland, den Vogel selber nur noch wenige. Früher allerdings hat die Feldlerche als Kulturvogel Karriere gemacht. In der Literatur und der Musik wurde ihr als fröhliche Sängerin ein besonderer Platz gewidmet. Auch in der christlichen Symbolik wird ihr besonderes Talent aufgegriffen und ihr lat. Name Alauda auch als „Lauda deum“ (Lobe Gott) gedeutet, weil sie doch so hoch am Himmel singt. Der Begründer der wissenschaftlichen Vogelkunde in Mitteleuropa Johann Friedrich Naumann (1780-1857) beschreibt in seinem Werk „Beschreibung der Vögel“ die Lerche als Allerweltsvogel. Hier heißt es: „Die Lerchen zu beschreiben ist überflüssig, denn größer und schlanker als ein Sperling, doch mit ähnlichem Gefieder, ist der Vogel so häufig, dass niemand ihn übersehen kann“. Leider trifft das heute nicht mehr zu.

Feldlerche Vogel des Jahres 2019 Natur des Jahres 2019 NABU Düren
Lebensraum der Feldlerche (Foto: NABU/BirdLife International)

LEBENSRAUM

Ihr Name sagt es schon, der Lebensraum der Feldlerche sind weite offene Feldfluren. Gerne lässt sie ihren Blick in alle Richtungen schweifen. Als Kulturfolger bewohnte sie ursprünglich alle baumfreien Lebensräume, konnte sich auf Heiden, Wiesen, Weiden und Äckern stark ausbreiten, und weil diese Agrarlandschaft heute etwa die Hälfte unseres Landes bedeckt, wurde die Feldlerche zu einem der häufigsten Vogelarten in Deutschland.

Die Feldlerche bevorzugt ebene Landschaften oder flache und sanft geschwungene Hügel, da sie freie Sicht braucht, um mögliche Feinde erspähen zu können. Daher hält sie auch von Hecken und Waldrändern für gewöhnlich einen gewissen Mindestabstand.

Um ungestört ihre Bodennester bauen, sich verstecken und ihre Nahrung zwischen den Gräsern und Wildkräutern suchen zu können, sollte die Vegetation nicht höher als 50 cm und nicht zu dicht sein. Ein Mosaik aus verschiedenen Landnutzungen und Ackerfrüchten ist ideal für die Feldlerche, da sie so in der Brutsaison zu verschiedenen Zeiten ausreichend Flächen mit geeigneter Vegetationsstruktur finden kann.

Die Feldlerche ist vorwiegend Standvogel, aber nördliche Populationen weichen im Winter nach Süden aus. Im Winter kann man dann zuweilen größere Trupps auf Ackerflächen, Stoppelfeldern und Grassteppen beobachten.

Feldlerche Vogel des Jahres 2019 Natur des Jahres 2019 NABU Düren
Feldlerche mit Insekt (Foto: NABU/Peter Lindel)

NAHRUNG

Mit dem beginnenden Frühling stellt die Feldlerche ihre Nahrung auf kleine Tiere um, auf Insekten und Larven, Spinnentiere, Regenwürmer und Schnecken. Diese eiweißreiche Kost ist während der Brutsaison besonders wichtig. Wenn im Winter die tierische Nahrung knapp wird, ernährt sie sich überwiegend von Sämereien und Pflanzenteilen, die sie auf abgeernteten Getreidefeldern, Stoppelfeldern oder auf Flächen, die sich nach der Ernte selbst begrünen finden kann. Leider werden aber diese Felder meist kurz nach der Ernte im Herbst schon wieder neu eingesät. Offenes Grünland und geräumte Maisfelder jedoch bieten für die Feldlerche nur wenig Nahrhaftes.

Feldlerche Vogel des Jahres 2019 Natur des Jahres 2019 NABU Düren
Feldlerche (Foto: Achim Schumacher)

AUSSEHEN

Durch ihr graubraun bis rötlichbraunes Gefieder ist die Feldlerche in der Vegetation gut getarnt, ein recht hochbeinig wirkender Vogel, oberseits gestrichelt, Brust gelblich weiß und gestrichelt, ungemusterter weißlicher Bauch, 16 - 18 cm Körperlänge, relativ langer Schwanz mit weißen Außenfedern, die besonders beim Auffliegen zu sehen sind. Das Männchen kann seine kurze stumpfe Haube aufstellen. Bei Störung duckt sich die Lerche, schnellt dann katapultartig in die Luft, fliegt kurze Strecken mit flatterndem Flügelschlag flach über dem Boden und landetdann wieder mit halb gespreiztem und gesenktem Schwanz. Gelegentlich singt sie von einer Warte, meist jedoch im typischen Singflug. Sie steigt dabei immer höher und verharrt dann singend an einer Stelle in 50 - 150 m Höhe, fliegt singend wieder herab und lässt sich das letzte Stück stumm und mit gefalteten Flügeln zu Boden fallen.

STIMME

Bereits von Spätwinter bis Mittsommer, von der Morgendämmerung bis zum Abend ist der Gesang der Feldlerche zu hören. Ihre Stimme ist eine endlose Aneinanderreihung trillernder, zirpender, rollender, flötender Töne in schneller, rhythmischer Folge. Der kreisende Vortrag hoch oben am Himmel kann 3 - 15 Minuten dauern. Hören wir eine Lerche am Boden singen, handelt es sich meist um den wesentlich kürzeren und leiseren Gesang des Weibchens.

Feldlerche Vogel des Jahres 2019 Natur des Jahres 2019 NABU Düren
Feldlerche (Foto: NABU/Peeder Opecta)

VERHALTEN

Die Reviergröße einer Feldlerche misst einen Durchmesser zwischen 20 und 200 Metern. Das Männchen beeindruckt seine Partnerin nicht nur durch den Gesang, sondern balzt und hüpft am Boden und verbeugt sich vor dem Weibchen. Mit zitternden Flügeln und wackelndem Schwanz macht er ihr seine Aufwartung, kann es aber auch anders indem er sein Weibchen rennend oder fliegend durch sein Revier jagt. Nach der Paarung sucht das Weibchen dann den Platz für das Nest aus. Auf einer trockenen, ebenen Fläche mit niedriger Vegetation scharrt die Lerche eine 5-7 cm tiefe Mulde und polstert sie mit Halmen oder Wurzeln aus. Das Gelege besteht aus 2 -7 schmutzig weißen, bräunlichen oder grünlichen Eiern, die ca. 12 Tage vom Weibchen bebrütet werden. Die Jungen sind zunächst nackt und blind, verlassen nach 7-11 Tagen das Bodennest, um sich so vor Nesträubern zu schützen. Hüpfend und laufend verteilen sie sich in der Nähe ihres Nestes und werden von beiden Eltern gefüttert. Nach ca. 20 Tagen sind sie selbständig. Mit ihrem unauffälligen bräunlichen Gefieder sehen sie den Eltern dann sehr ähnlich. Nach wenigen Tagen schon beginnt das Weibchen mit der zweiten Brut.

Haubenlerche Feldlerche Vogel des Jahres 2019 Natur des Jahres 2019 NABU Düren
Haubenlerche (Foto: NABU/Christoph Bosch)

VERWANDTE

Weltweit gibt es etwa 100 Arten aus der Familie der Lerchen (Alaudidae), davon in Europa 20 Arten, die meisten davon haben ihr Vorkommen in Südeuropa. Bei uns in Deutschland brüten 3 Arten: die Feldlerche, die Heidelerche und die Haubenlerche. Diese ist in ihrem Bestand bereits soweit zurückgegangen, dass sie auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Arten steht, während die anderen „nur“ auf der Vorwarnstufe der Roten Liste stehen.

RÜCKGANG

Der größte Bestand der Feldlerche war vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts zu verzeichnen. Anfang des 20. Jahrhunderts setzte ein langfristiger und stetiger Rückgang ein, der sich seit den 1960ger Jahren mit zunehmender Intensivierung der Landwirtschaft deutlich verschärfte. Eine kurze Pause in diesem Abwärtstrend war Anfang der 1990ger Jahren zu beobachten. Grund waren Flächenstilllegungsmaßnahmen der europäischen Agrarpolitik wegen Überproduktion in der Landwirtschaft. Auch die vorübergehende geringere Bewirtschaftungsintensität in Ostdeutschland kurz nach der politischen Wende spielte eine Rolle für die positive Bestandsentwicklung bei der Feldlerche. Doch seit der Jahrtausendwende geht der Bestand wieder deutlich zurück, beschleunigt durch den Wegfall der Flächenstilllegungen ab 2007.

Diese negative Entwicklung ist nicht nur in Deutschland zu beobachten, in ganz Europa sieht es ähnlich dramatisch aus. Seit 1980 sind schon mehr als die Hälfte aller Feldlerchen verschwunden. Damit teilt sie das Schicksal vieler anderer Vogelarten der Agrarlandschaft. Der „Agrarvogelindex des Indikators Artenvielfalt“ der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, welcher Bestandtrends der wichtigsten Vogelarten der Agrarlandschaft zusammenfasst, ist zwischen 1990 und 2013 um über 21 Prozent zurückgegangen, d.h. in nur gut 20 Jahren ist damit mehr als jeder fünfte Vogel aus unserer Feldflur verschwunden.

Feldlerche Vogel des Jahres 2019 Natur des Jahres 2019 NABU Düren
Getreideschösslinge (Foto: NABU/Andre Baumann)

GEFÄHRDUNG

Die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft macht der Feldlerche schwer zu schaffen. Wissenschaftliche Auswertungen zeigen, dass parallel zu steigenden Erträgen im Ackerbau überall die Bestände der Feldlerche schrumpfen, nicht weil Feldlerchen vermehrt sterben, sondern weil sie nicht mehr genügend Junge aufziehen können. Da in den letzten Jahrzehnten der Getreideanbau von Sommer- auf ertragreicheres Wintergetreide umgestellt wurde und dieses früher im Jahr so hoch und dicht wird, dass die Feldlerche nicht mehr zwei- oder dreimal brüten kann. Sie findet keine Landemöglichkeit und weicht zur Brut auf vegetationsfreie Fahrspuren aus. Doch hier wird ihr Nest bei der nächsten Feldarbeit vom Traktor überrollt oder sie wird Opfer von Nesträubern.

Feldlerche Vogel des Jahres 2019 Natur des Jahres 2019 NABU Düren
Schlechte Bedingungen für die Feldlerche (Foto: NABU/BirdLife International)

Ebenso macht sich der Rückgang von vorrübergehend unbewirtschafteten Brachflächen bemerkbar, auf denen die Feldlerche besonders viele Junge aufziehen kann. In den 1990ger Jahren waren in Westdeutschland noch ca. 10 Prozent und in Ostdeutschland noch 20 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen Brachen, 2015 waren es nur noch 1,7 Prozent. Gleichzeitig nahmen die Anbauflächen für Mais zu, und 2010 gab es bereits 20 Mal mehr Maisflächen als Brachen. Die Maisfelder bieten keine geeigneten Brut- und Nahrungsmöglichkeiten für Feldlerchen.

Im intensiv bewirtschafteten Grünland sieht es kaum besser aus. Zu stark beweidete Flächen haben zu kurzes Gras, somit ein hohes Risiko, dass die Nester zertrampelt werden. Stark gedüngte Mähwiesen werden zu oft gemäht, so dass die Zwischenzeit nicht ausreicht, um eine Brut vollständig aufziehen zu können.

Ein weiterer Grund für den starken Rückgang der Lerche dürfte die Anwendung von Pestiziden sein, die Wildkräuter und Insekten vernichten.

Auch Nesträuber wie Füchse, Marder, Hauskatzen oder Rabenkrähen sind für den Rückgang der Feldlerche mitverantwortlich. Sie sind der Grund, warum die Vögel 2-3 Mal im Jahr brüten müssen, da pro Brut durchschnittlich nur 1 Jungvogel flügge wird.

Auch die Jagd auf die Feldlerche im Herbst und Winter in sechs EU-Ländern Südeuropas ist immer noch legal. Sie sollte eingestellt werden.

SCHUTZ

Die Verbesserung der Lebensraumbedingungen für die Feldlerche ist die wichtigste Maßnahme, um sie vor dem Aussterben zu bewahren. Sie muss wieder die Möglichkeit bekommen, mehr als eine Jahresbrut aufziehen zu können. Idealer Lebensraum besonders in der Brutsaison wäre für sie ein kleinräumiges Mosaik von verschiedenen Feldfrüchten, Sommer- und Wintergetreide, Brachen, Wiesen oder Weiden. In den Wintermonaten sind Feldlerchen auf das Nahrungsangebot auf Stoppelfeldern und Brachen angewiesen. Durch den Verzicht auf Pestizide lässt sich die Vielfalt der Wildkräuter auf Feldern erhöhen, und Wirbellose und Insekten finden sich als Nahrungsangebot für die Feldlerche ein.

 

Die RETTUNG der Feldlerche kann nur mit Hilfe der Landwirtschaft geschehen. Es ist ein Umdenken in der Agrarpolitik gefordert. Wir brauchen eine naturverträgliche, zukunftsfähige Landwirtschaft, damit sie nicht mehr die Ursache für das Artensterben ist, sondern aktiv zu den Fortschritten in der Natur und Umwelt beitragen kann.


Weitere Informationen zu den Bemühungen des NABU Düren zum Schutz des Lebensraums der Feldlerche finden Sie unter Netzwerk lebendige Börde.