Wer diesen Sommer bei schönem Wetter in Ginnick am Gelände der Stiftung Umwelt- und Naturschutz Schmittmann vorbeikam, mag sich vielleicht über die zwei Gestalten gewundert haben, die – vornübergebeugt und höchst bedächtig – in tiefer Betrachtung versunken schienen. Die Objekte des Interesses werden sich den meisten Beobachtern nicht so leicht erschlossen haben.
Neben avifaunistischen, botanischen und Fledermaus-Monitorings fanden wir – das Stifter-Ehepaar Schmittmann - auch die Erfassung der im Bereich des Wasserturmes vorkommenden Wildbienen-Arten überaus spannend. Zu unserer großen Freude konnten wir Herrn Burkhard Grebe aus Füssenich gewinnen uns in die Welt der Wildbienen mitzunehmen. Herr Grebe beschäftigt sich in seiner Freizeit seit einigen Jahren intensivst mit diesem Thema und hat sich ein profundes Wissen dazu angeeignet. Ausgestattet mit entsprechendem Werkzeug – sprich Kamera und Fachliteratur – kann er viele, der in Deutschland häufigen, Wildbienenarten anhand von Fotos bestimmen.
So zogen Herr Grebe und ich an etlichen sonnigen Tagen über das Gelände, das mit reichem und durchgängigem Blütenangebot, Sandschüttungen, Steinhaufen und immer wieder Totholzstapeln vielen Wildbienen schon gute Lebensräume bietet. 13 Gattungen wurden gefunden, die zum Teil mit mehreren Arten vertreten waren. Interessante Beobachtungen machten wir besonders an Margerite, Wiesen-Flockenblume, Hornklee, Wasserminze und immer wieder an Rainfarn, alles heimische Pflanzen, die auch gut in naturnahen Gärten zu kultivieren sind.
Drei, auch für Ungeübte gut zu erkennende Wildbienenarten, werden im Folgenden kurz vorgestellt:
Die Graue Sandbiene (Andrena cineraria), mit 10-15mm deutlich größer als unsere Honigbiene, war im Mai zur Margeritenblüte sehr häufig anzutreffen, eine verbreitete und bezüglich der Blütenwahl unspezialisierte Art und gut an hellgrauen, pelzigen Querbinden auf ansonsten schwarzem Rücken zu erkennen. Ihre Flugzeit dauert von Mitte März bis Ende Mai; sie baut zum Teil bis 25 cm tiefe unterirdische Nester an vegetationsarmen, sonnenexponierten Stellen. Unter guten Bedingungen können sich Kolonien von mehreren hundert Tieren entwickeln.
Die Beobachtungen im Juli standen ganz im Zeichen der Blattschneider- und Mörtelbienen: wir beobachteten die seltene Filzzahn-Blattschneiderbiene, die beiden mäßig häufigen Garten-Blattschneiderbiene und Weidenröschen-Blattschneiderbiene, die selektiv an Weidenröschen Pollen sammelt, Nektar jedoch von Korb- und Schmetterlingsblütlern und Him-/Brombeeren akzeptiert.
Die unspezialisierte Filzzahn-Blattschneiderbiene (Megachile pilidens) gehört zu einer bereits gefährdeten Art. Ihr Lebensraum sind trockene, warme Standorte, vegetationsarme Flächen, z.B. Sand- und Kiesgruben, und sie nistet auch in Hohlräumen wie Mauerfugen, unter Steinen und in selbstgegrabenen Gängen. Ihre Flugzeit liegt zwischen Juni und September und mit 9-11 mm ist sie kleiner als die Honigbiene. Hier auf dem Foto sehen wir ein Weibchen, gut an den graugrünen Komplexaugen und den beiden weißen Filzflecken am Endsegment zu erkennen. Es wird berichtet, dass Blattschneiderbienen bereits in der Luft schwirrend an ihrem hohen Summton zu erkennen sind; ein Aspekt der in der nächsten Saison unbedingt von mir „geprüft“ wird!
Auf dem von vielen Insekten hochgeschätzten Rainfarn fanden wir die Rote Maskenbiene (Hylaeus variegatus), mit 6-8 mm eine sehr zierliche Wildbiene und ebenfalls eine – gemäß Rote Liste - gefährdete Art. Auf dem Foto gerade noch erkennbar die namensgebende Gesichtsmaske, die bei den Männchen etwas größer ausfällt, außerdem der typische Schulterstreifen und die rotbraune Färbung der ersten Hinterleibssegmente. Die prägnante Gesichtszeichnung gibt häufig schon den Hinweis auf ein Exemplar der Gattung Maskenbienen. Die Rote Maskenbiene legt ihre Liniennester mit 6-8 Brutzellen gerne in verlassene Erdnester von Furchenbienen, die ebenfalls auf dem Stiftungsgelände beobachtet wurden, und auch in Regenwurmgänge.
Zusammenfassend kann man nach drei Jahren der Umgestaltung, Extensivierung und Renaturierung schon schöne Erfolge verzeichnen, damit haben wir so schnell nicht gerechnet. Und vermutlich haben wir noch einiges übersehen. Der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und mineralische Dünger trägt dazu ebenso bei wie die Anlage von Blühflächen, Brachen, Sand-, Holz- und Steinhaufen. Und auch auf kleineren Flächen und in Privatgärten können solche einfachen Maßnahmen schon ebenso bald die Insektenvielfalt und -anzahl - nicht nur der Wildbienen – deutlich vergrößern. Abgesehen von dem Nutzen, den Vögel, Fledermäuse und viele andere aus dem Schutz und der Förderung der Insekten ziehen, bei der Beobachtung und Konzentration auf diese kleinen, überaus verschiedenartigen Wesen kann man in einen neuen, spannenden Kosmos abtauchen, der uns die Hetze des Alltags für eine Weile vergessen lässt.
Weitere Informationen:
„wildbienenhelfer“, von Anja Eder
„wildbienen.de“, von Hans-Jürgen Martin.
Tipp: besuchen Sie unsere Monatsversammlung am 16.05.2024