Ausgebrummt

Das Insektensterben und seine Folgen

Ein Bericht von Lothar Schäkel


von links nach rechts bzw. (bzw. bei Darstellung auf mobilen Endgeräten von oben nach unten): Raubfliege, Wollschweber, Wiesenhummel

(Fotos: Achim Schumacher)


Viele von uns haben schon an den Windschutzscheiben unserer Autos festgestellt, dass sie im Sommer nicht mehr so häufig gereinigt werden müssen wie vor einigen Jahren noch. Die Insektenforscher beobachteten jedoch schon seit langem einen Rückgang bezüglich Menge und Vielfalt bei den Insekten. Nicht nur Naturexperten, sondern auch viele Mitbürger, haben den Rückgang der Fluginsekten wie Schmetterlinge, Fliegen, Bienen und so manchen anderen bemerkt. Viele der Insekten sind so klein, dass ihre Lebensbedingungen immer noch schlecht erforscht sind.

 

Im Oktober 2017 berichtete die „Krefelder Studie“ über einen Verlust von bis zu 75% an Gewicht beim Einfangen von fliegenden Insekten innerhalb von 25 Jahren. Die Mengen der den Boden bewohnenden Insekten lassen sich nicht so einfach in einem bestimmten Bereich komplett nach festen Regeln sammeln und konnten daher nicht untersucht werden. Man denkt aber, dass es sich da ähnlich verhält.

Jakobskrautkreuzbär Raupe Insekten Insektensterben NABU Düren
Jakobskrautkreuzbär Raupe (Foto: Achim Schumacher)

Nicht nur die seltenen Arten verschwinden, sondern nun auch die gewöhnlichen Allerweltsarten. Alle Insektenarten gehören zur Natur und übernehmen dort nicht nur die Bestäubung der Blüten, sondern auch bei unzähligen weiteren Vorgängen in der Natur eine Schlüsselrolle. Viele Insektenarten sind auf die Blüten oder Blätter für ihre Raupen nur auf eine Pflanzenart angewiesen und umgekehrt. Sterben die notwendigen Insekten, dann kann auch die besondere Pflanze nicht mehr weiter existieren. Die Menschheit steht damit vor unlösbaren Problemen. Viele Obstarten werden nicht mehr ausreichend bestäubt. In manchen Teilen der Welt werden schon jetzt Tagelöhner für diese für Menschen schwere Arbeit mit mäßigem Erfolg eingesetzt.

Wir alle sind jedoch indirekt mitverantwortlich, wenn Insekten orientierungslos durch die Gegend fliegen, weil ihre Nervenleitung durch Gifte gestört wird oder weil zum Beispiel eingewanderte Arten wie der asiatische Marienkäfer in der Zahl zunehmen, da sie besser mit den sich ändernden Umweltbedingungen zurechtkommen. Viele Lebensbedingungen für Nachtfalter sind mittlerweile in Siedlungsgebieten besser als im Agrarland. Der Rückgang gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für ganz Europa. Es gibt viele Gründe. Jeder Mitbürger zeigt dabei gerne immer auf den Anderen.

Wo liegen die Gründe?

Das Problem liegt jedoch bei jedem von uns infolge des ungebremsten Konsums in einer globalisierten Welt. Jeder einzelne Mensch ist in diese Vorgänge verstrickt und hat selbst seine Möglichkeiten umzusteuern. Wir leben so, als hätten wir mehrere Erden. Um allen Menschen auf der Welt den Lebensstil wie bei uns zu ermöglichen, bräuchten wir dreieinhalb Erden.

Insekten Insektensterben Monokulturen NABU Düren
Getreidefeld (Foto: NABU/Christoph Buchen)

Seit Mitte der 90er Jahre wurden vielfach Neonicotinoide im Pflanzenanbau zugelassen. Jeder nennt daher gern sofort die industrielle Landwirtschaft mit ihren Insekten- und Pflanzenschutzmitteln als Verursacher. 47.000 Tonnen Spritzmittel werden allein in Deutschland (nicht nur bei der Landwirtschaft) verkauft. Da sich die Mittel immer in den ganzen Pflanzen verteilen, sind sie auch in den Früchten, die wir verspeisen. Lern- und Gedächtnisfähigkeiten von Kindern können dadurch sogar geschwächt werden.

Monokulturen wie: Mais-, Raps-, Sonnenblumenäcker und co. für Biogasanlagen oder die Viehhaltung nehmen große Anbauflächen in Anspruch. Die Massentierhaltung erfordert große Felder mit Monokulturen. Unsere Felder, auch rund um Düren, waren vor 30 Jahren noch deutlich kleiner. In vielen Ländern sind die Felder so groß geworden, dass niemand mehr von einem Ende zum anderen sehen kann. So werden in Deutschland so viele Felder für Futter für die Massentierhaltung benötigt, dass große Mengen an Lebensmitteln für die Bevölkerung importiert werden. Straßen zerschneiden nicht nur für Insekten die Lebensräume. Viele Insekten erleiden auch durch das erhöhte Verkehrsaufkommen den Verkehrstod.

Insekten Insektensterben NABU Düren
Insektenfeindlicher "Vorgarten" (Foto: Lothar Schäkel)

Weitere Gründe für das Artensterben auch bei Insekten sind: Klimawandel, schlechte Schutzgebiete, Lichtverschmutzung, Verschmutzung der Straßenränder durch Feinstaub von den Fahrzeugreifen und leichtfertig entsorgter Müll. Bodenversiegelungen, wie zusätzliches Pflaster, Schotter- oder Kiesschüttungen sind für Käfer und deren Raupen nicht mehr zu bewohnen. Dies kann man von Jahr zu Jahr immer mehr in den Vorgärten beobachten. Dazu kommen dann noch ein paar große Steine oder nicht heimische Pflanzen, die für Insekten und Kleinlebewesen (Würmer) auch wegen der Fließmatte im Untergrund unbewohnbar sind.

Was kann jeder im Kleinen tun?

Vor dem Winter räumen noch viele den Garten auf. Wer jedoch Insekten, aber auch Igeln in der kalten Jahreszeit helfen möchte, lässt das Laub und den Baumschnitt am besten liegen, damit Marienkäfer und andere Käferarten einen Schutz vor der Kälte finden. Der Garten wird damit zu einem wichtigen Rückzugsort für Insekten, Vögel,

aber auch für Igel und andere kleine Tiere wie z.B. Fledermäuse oder Siebenschläfer. Ein naturnaher Garten liegt im Trend, besonders für Menschen, die Mitglied beim NABU sind und große Freude, sowie Entspannung, bei der Naturbeobachtung haben.

Insekten Insektensterben NABU Düren
Hier fühlen sich Insekten wohl! (Foto: Lothar Schäkel)

Die meisten Pflanzen erledigen vieles für sich selbst. Häufig muss man sie noch nicht einmal selbst aussäen. Wenn man ihnen gute Bedingungen schafft, kümmern sie sich selbst mit Hilfe der entsprechenden Insekten um ihr Fortbestehen. Die vielen einheimischen Pflanzen waren doch schon da, bevor die Menschen Gärten anlegten. Wenn die wenigen unerwünschten Wildkräuter wachsen, kann man sie immer noch ausreißen. Am besten macht man gar nichts. Sie können mit einer Kräutermischung anfangen und im Laufe der Zeit finden dann immer mehr Wildkräuter den Weg in den eigenen Garten. Selbst in trockenen Jahren, wie 2018, braucht man nicht gießen. Die Pflanzen, die damit am besten klar kommen, werden sich halten. Nach wenigen Jahren sieht es dann schon recht üppig aus. Bei einem Nutzgarten sollte man sicher gießen, um den Pflanzen gerecht zu werden. Alle anderen Teile des Gartens, auch wenn es nur ein Beet ist, könnten damit ohne große Anstrengung sich selbst überlassen werden. So braucht man keinen Rasenroboter und hat auch nicht die lästige Pflicht, vor dem Wochenende den Rasen zu mähen. Schmetterlinge und andere Insekten finden dann recht schnell den Weg in Ihren Garten. So kann es sein, dass Sie in Ihrem Garten auch seltene Schmetterlinge, Wildbienen und Käfer finden.

Insekten Insektensterben NABU Düren
Teilweise unbewirtschafteter Garten - ein Heim für Insekten (Foto: Achim Schumacher)

Aussagen eines Gärtners, nachdem er auf seinem Grundstück einen Teil nicht mehr bewirtschaftet: Der Garten lehrt mich sehr viel – insbesondere das Zulassen und die Gelassenheit. Die „Natur“ hat eine eigene Dynamik, die ich als Gärtner nur aufmerksam begleite… So kann man unseren Garten als Experimentierfeld betrachten und das Beobachten der Veränderungen wird von Jahr zu Jahr spannender. In den vergangenen drei Jahren stieg die Artenvielfalt stetig. Am südlichen Ende des Gartens habe ich ein Steinhaus für Insekten, Vögel und Fledermäuse gebaut, die ich gerne beobachte.

Die Insekten sind letztlich aufgrund unseres Lebensstils eine Weltmacht im Wanken. Sie wird einem bewusst, wenn man gestochen wird oder sie als besonders schön erkannt werden. Die ersten Insekten gab es schon vor 400.000.000 Jahren auf der Welt. Wenn es so weiter geht, gibt es in 100 Jahren nur noch ein paar Allerweltsarten bei Insekten, Nutztieren und Nutzpflanzen. Wir müssen umdenken. Ohne Insekten würden viele Ökosysteme einfach zusammenbrechen. Nicht nur die vielen Bienenarten bestäuben die unterschiedlichsten Pflanzen, sondern auch viele Schmetterlinge, Fliegen, Motten, Käfer und auch Wespen. Da sie in großen Zahlen auftreten, können viele Tiere von ihnen satt werden. Viele Vögel füttern ihren Nachwuchs mit der eiweißreichen Insektenkost.

Insekten Insektensterben NABU Düren
Hummelsterben (Foto: NABU/Peter Hildebrandt)

 

 

 

 

Es reicht nicht ein schlechtes Gewissen zu haben, um auch wirklich etwas zu tun. Man muss sich aufmachen und die Begegnung mit der Natur im Detail suchen. Nur was man kennt, kann man auch lieben und was man liebt, will man auch schützen.